Eine unfassbar
hohe Schwankungsbreite
mit zwei Mega-Crashs in
den vergangenen 20
Jahren (2000-2003 und
2008-2009) haben ihre
Spuren hinterlassen,
nicht nur auf dem
Bankkonto sondern auch
in der Psyche vieler
Anleger - und das auch
nicht nur in
Deutschland.
Die Finanzindustrie wäre
aber nicht die
Finanzindustrie, wenn
Sie nicht auch dafür
eine scheinbar passende
Lösung parat hätte: Low
Vola-Fonds und
-Zertifikate, die
ausschließlich in Aktien
mit niedriger
Schwankungsbreite
investieren, sind so
beliebt wie nie zuvor.
Gleiches gilt für
einzelne Aktien, die in
der Vergangenheit
relativ konstante
Aufwärtstrends vorweisen
konnten. Der Clou dabei:
In den letzten Jahren
haben diese Aktien auch
noch besser performt als
der Aktienmarkt
insgesamt.
Geringere Schwankungen
bei höherer Rendite. Ein
Anlegertraum ist
wahrgenommen und immer
noch mehr Gelder fließen
in derartige Produkte.
Die
Marketing-Maschinerie
läuft auf Hochtouren,
die Rede ist z.B. von
defensiven Champions, so
genannten
Qualitätsaktien die
Sicherheit mit hoher
Rendite verbinden.
Lesen Sie, warum es bald
ein böses Erwachen aus
diesem Traum geben
könnte. Die Jagd nach
Sicherheit führt nämlich
geradewegs in die
Performancefalle, wenn
Sie einen wichtigen
Aspekt außer Acht
lassen.
Im Prinzip sind die so
genannten Low
Vola-Aktien eine tolle
Sache: Jahrzehntelange
Datenaufzeichnungen
zeigen an, dass Aktien
mit geringer
Schwankungsbreite
gegenüber dem
Gesamtmarkt eine
durchschnittliche
jährliche Überrendite
von einem Prozent bei
einem um 30 Prozent
reduzierten Risiko
erzielt haben. Das hat
Nardin Baker, ein
Investmentstratege von
Guggenheim Partners
Asset Management, schon
vor fast 30 Jahren
herausgefunden.
Er begann darauf hin Low
Vola-Portfolios zu
managen, veröffentlichte
als Co-Autor
entsprechende
wissenschaftliche
Arbeiten und kreierte
1991 sogar einen Index,
der die Performance
dieser Aktien
kontrollierte. Sein
Problem dabei: Kaum
jemand interessierte
sich dafür.
In den 90er-Jahren
pflügte der "röhrende
Bulle" übers
Börsenparkett. Die
Anleger befanden sich
auf Performance-Jagd.
Low Vola-Aktien waren
nicht gefragt. Der Index
verlief im Sande. Genau
in dieser Zeit wurde
aber die Basis dafür
gelegt, warum Low
Vola-Aktien in den
letzten 15, 20 Jahren so
gut performt haben. Weil
sie keiner haben wollte,
waren sie auch
fundamental günstig.
Ein wichtiger Wendepunkt
kam im April 2008 als
der auf globale Anlagen
fokussierte
Vermögensverwalter und
Indexanbieter MSCI
seinen Minimum
Volatility-Index
begleitet von einem
entsprechenden ETF auf
den Markt gebracht hat.
Im Index sind tausende
von Aktien, die in der
Vergangenheit eine
niedrige
Schwankungsbreite
aufwiesen, aus 23
verschiedenen nationalen
Märkten enthalten.
Unmittelbar danach brach
die weltweite
Finanzkrise inklusive
"Lehman-Brothers-Debakel"
mit voller Wucht über
die Anleger herein.
Dabei zeigte sich sehr
deutlich, dass sich der
Minimum Vola-ETF im Zuge
dieses Kursgemetzels
tatsächlich weit besser
geschlagen hat als der
Aktienmarkt insgesamt.
Ganz im Gegensatz zu den
vermeintlich sicheren
Value-Aktien, die im
Crashverlauf prozentual
sogar noch stärker
verloren als der Markt
insgesamt.
Letzteres hatte auch
damit zu tun, dass nach
dem Hype um
Wachstumsaktien bis zur
Jahrtausendwende (damals
waren ja nicht nur
Internet- und allgemein
Technologieaktien
dramatisch überbewertet
sondern auch Blue Chips
aus dem
Telekommunikationsbereich
wie beispielsweise die
Deutsche Telekom) und
dem anschließenden Crash
eine radikale
Gegenbewegung in
Richtung Value-Aktien
eingesetzt hatte. Diese
hatten dann allerdings
bis 2008 ihre
Bewertungsrückstände
längst aufgeholt und
waren im Gegenteil
relativ teuer geworden.
Ähnlich sieht es heute
bei den Low
Vola-Produkten aus. Der
Zusammenhang ist simpel:
Je mehr Geld in diese
Fonds und Zertifikate
fließt, umso mehr Geld
fließt natürlich auch in
die einzelnen Low
Vola-Aktien, weil die
Fonds ja die neuen
Mittel direkt in solche
Papiere investieren
(müssen). Die höhere
Nachfrage macht diese
Aktien aber teurer. Die
Bewertungsniveaus
steigen. Das zeigt eine
Studie der
Fondsgesellschaft
Robeco, in der das
fundamentale
Bewertungsniveau des
MSCI Minimum Vola-Index
mit der des regulären
MSCI World Index
verglichen wird.
Im MSCI World Index sind
ebenfalls tausende
Aktien aus aller Welt
enthalten, die
allerdings nur nach
Größe
(Marktkapitalisierung)
gewichtet sind,
unabhängig von ihrer
Schwankungsbreite in der
Vergangenheit. Robeco
hat nun die aktuellen
Bewertungsniveaus der
beiden Indizes
verglichen und
festgestellt, dass der
MSCI Minimum Vola-Index
inzwischen über zehn
Prozent teurer ist als
der MSCI World Index:
Quelle: Robeco, FactSet, MSCI
In den USA gibt es eine
ganz ähnliche
Entwicklung: Der größte
dortige Low Volatility
ETF, der iShares Edge
MSCI Min Vol USA ETF
(Kürzel: USMV), in dem
aktuell über 13
Milliarden US-Dollar
investiert sind, weist
aktuell ein KGV auf
Basis der Gewinne der
enthaltenen Unternehmen
in den vergangenen 12
Monaten
(Trailing-Twelve-Months)
von 21 und ein
Kurs-Buchwert-Verhältnis
von 3,1 aus. Die
Vergleichswerte im breit
gefassten,
Vola-unabhängigen S&P
500-Index liegen bei 18
und 2,72. Die
Überbewertung ist hier
also mit um 17 bzw. 14
Prozent erhöhten
Bewertungsniveaus sogar
noch ausgeprägter.
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