Amazon ist so ein Beispiel: 20 Jahre lang wurde die Aktie als zu teuer und Zocker-Papier beschrieben, weil das Unternehmen keine Gewinne machte. Bis sich irgendwann die Erkenntnis durchsetzte, dass das Unternehmen sehr wohl profitabel arbeitet – nur dass das Starren auf den Jahres-Überschuss bei Wachstums-Unternehmen halt der falsche Ansatz ist. Operativ verdiente Amazon schon lange Geld, nur reinvestierte Jeff Bezos jeden Cent in weiteres Wachstum. Und der Amazon-Kurs kletterte immer höher an der „Wall of Worry“, der „Mauer der Sorgen“.
Für Netflix gilt das Gleiche: Das Unternehmen wächst schnell und schreibt Verluste. Immer wieder gibt es Kapital-Erhöhungen, um das weitere Wachstum zu finanzieren. Und es gibt unzählige Markt-Beobachter, die Netflix unmittelbar vor dem Scheitern sehen und den Kurs in einer bisher ungeahnten Blase. Naja, bis Tesla „passierte“, nun erscheint die Netflix-Blase gar nicht mehr so imposant.
Auch der Netflix-Kurs kletterte jahrelang schier unaufhaltsam höher an dieser „Wall of Worry“ und die immer mal wieder stattfindenden heftigen Kurs-Rücksetzer waren bisher immer gute Nachkauf-Gelegenheiten. Bisher. Denn nun sieht sich der Streaming-King immer größerer Konkurrenz ausgesetzt, in den „Streaming-War“ steigen immer mehr Kämpfer ein und wollen ihr eigenes, möglichst großes Stück vom Kuchen abknapsen.
Und Netflix? Zeigt sich beeindruckt. Von sich selbst...
(K)ein Ausnahme-Quartal!
Zugegeben, es ist keine Überraschung, dass Netflix steigende Abonnenten-Zahlen aufweist. Der zweite Lockdown zwingt die Menschen zuhause zu bleiben und gerade in den Winter-Monaten sind die Freizeit-Möglichkeiten ohnehin eingeschränkt und es fehlen einige Stunden Tageslicht. Also wird sich auf die Couch gefläzt und gestreamt. Denn Kabelfernsehen ist aus der Mode gekommen, dort finden sich nur noch endlose Daily Soaps und Fake-Reality-Shows, die ständig von Werbung unterbrochen werden. Die angesagten Filme und Serien liefern längst die Streaming-Sender.
Im 2020er Schlussquartal konnte Netflix Umsätze von 6,64 Mrd. US-Dollar einfahren und lag damit hauchdünn über den Erwartungen und 21,5 Prozent über dem Vorjahres-Wert. Der Gewinn je Aktie lief mit 1,19 US-Dollar je Aktie ins Ziel und damit lag er sowohl unter den Erwartungen und auch um 8,5 Prozent unter dem Vorjahres-Wert.
Die Aktien sprangen vor Freude um mehr als 12 Prozent in die Höhe und markierten ein neues Allzeithoch. Verkehrte Welt? Sinkende Gewinne sorgen für einen Freudensprung?
Die Erklärung liefern andere Faktoren, die dem Netflix-Zahlenwerk zu entnehmen sind. Netflix konnte nämlich die Zahl seiner zahlenden Kunden im Schlussquartal um 8,5 Millionen erhöhen und dieser Zuwachs lag deutlich über den eigenen Prognosen von 6 Millionen. Über das ganze Jahr 2020 hinweg gewann man 37 Millionen zusätzliche zahlende Kunden, was einem Zuwachs von 31 Prozent entspricht.
Das ist insofern relevant, weil der Konkurrenzdruck so stark zugenommen hat und weil Netflix kürzlich erst wieder seine Preise angehoben hat. Trotzdem kann der Marktführer so stark zulegen und einen enormen Fortschritt in Richtung nachhaltiger Profitabilität machen.
Und dieser Erfolg ist durchaus keine Eintagsfliege, denn seit Anfang 2018 konnte die Zahl der Bezahl-Abos von 111 Millionen auf 204 Millionen gesteigert werden, während der Umsatz pro Kunde von 9,88 US-Dollar auf 11,02 US-Dollar erhöht wurde. Netflix gewann also zusätzliche Kunden und verdiente an jedem Kunden auch noch mehr Geld. Anders ausgedrückt: Netflix konnte seine operative Marge um 5 auf 18 Prozentpunkte steigern.
Und auch für 2021 hat man sich viel vorgenommen. Die Marge soll auf 20 Prozent ansteigen und mittelfristig um durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr verbessert werden. Dazu beitragen soll auch das weitere Wachstum an zahlenden Kunden; hier sollen im laufenden 1. Quartal weitere 6 Millionen hinzugewonnen werden. Hierbei liegt der Fokus längst nicht mehr zuvorderst auf den USA, denn mittlerweile stammen 83 Prozent der Netflix-Kunden aus anderen Ländern.
Die Zeichen stehen auf Wandel
Während Netflix weiter rasant wächst und viel Geld in neue Inhalte investiert, sinkt sein Kapitalbedarf – dank der sich erhöhenden Profitabilität. Und Netflix spielt nun geschickt die Klaviatur der Börse, indem man Aktien-Rückkäufe angekündigt hat.
Finanz-Vorstand Spencer Neumann erklärte, Netflix sei „sehr nahe“ an einem positiven Cashflow und werde weiterhin „aggressiv in Wachstums-Chancen investieren“, die immer an erster Stelle stehen würden. Aber überschüssiges Bargeld solle über ein Aktien-Rückkaufprogramm an die Aktionäre zurückgegeben werden.
Das ist natürlich Musik in den Ohren der Anleger. Zwar weist die Netflix-Bilanz einen erheblichen Verschuldungsgrad auf, was auch immer wieder Anlass zu Kritik gibt, aber angesichts dauerhaft niedriger Zinsen sind Schulden-Tilgungen weniger attraktiv als Aktien-Rückkäufe. Zumal wenn sich die aktuellen Tendenzen erhärten und wir in den nächsten Jahren wirklich wieder eine echte Inflation bekommen. Die entwertet bekanntlich auch Schulden.
Netflix, Inc. (ISIN: US64110L1061) |
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WKN / Kürzel |
Börsenwert |
KGV 20e/21e/22e |
Kurs |
552484 / NFLX |
256 Mrd. USD |
89 / 59 / 45 |
572,75 USD |
Mein Fazit
Netflix gelingt nicht alles, aber das meiste. Man hat die Rechte an der Erfolgs-Serie „The Office“ verloren und NBC wird sie nun auf seinem eigenen Streaming-Dienst anbieten. Dafür kehrte die Kult-Serie „Friends“ nach einem einjährigen Intermezzo bei Amazon Prime zu Netflix zurück.
An der Börse konnte der Kurs sich aus seiner zweijährigen Schiebezone befreien und nach oben ausbrechen. Nicht ohne Grund, wie wir nun wissen, und das könnte der lang ersehnte Auftakt zu einer neuerlichen Gipfelstürmerei sein.
Die Zukunft war schon immer besser, das galt auch schon früher. Und für Netflix bricht eine ganz neue Zukunft an: Eine „cashflow-positive“ Zeit. Das kann man sich ruhig mal ansehen...

Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig,
Value Investor und Betreiber des Blogs
„iNTELLiGENT iNVESTiEREN“.
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Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Amazon. Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.


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Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 30. Januar

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